Nach sieben Uhr stand ich auf und kurz nach acht machte ich mich auf den Weg zur Basilica of Bom Jesus. Um diese Zeit waren keine Touristen vor Ort.

Außerdem wurde gerade der morgendliche Gottesdienst abgehalten.

Basilica of Bom Jesus

Basilica of Bom Jesus

In der Basilica kam ich mit dem Pastor ins Gespräch und erzählte ihm von meinem Projekt, ein Buch über Indiens Unesco-Welterbestätten schreiben zu wollen.

Ich erklärte ihm das Dilemma, dass ich die Basilica nur von außen, nicht jedoch von innen fotografieren könne. Er bat mich ihm zu folgen und wir gingen zum Eingang. Er richtete seinen Blick zum Altar.

Hauptaltar der Basilica of Bom Jesus

Hauptaltar der Basilica of Bom Jesus

Von dieser Position, so sagte er mir, dürfe ich fotografieren und wünschte mir viel Erfolg für mein Projekt. Noch bevor ich mich bei ihm bedanken und nach seinen Namen fragen konnte, war er wieder verschwunden.

Der ehrwürdige Vater der Basilica nahm sich Zeit für mich und erklärte mir die Geschichte dieser Basilica. Wir unterhielten uns auch über die Probleme, die dieser Kirche, aber auch gleichzeitig diesem Monument der Zeitgeschichte stark zusetzen.

Als größtes Problem sahen wir beide die Luftverschmutzung, denn hier in Alt Goa wird allabendlich der am Tag angefallene Müll verbrannt, so dass sich Rauchglocke über diesen kleinen Ort legt.

allabendliche Rauchwolke im Ort

allabendliche Rauchwolke im Ort

Insbesondere die Abgase der Fahrzeuge stellen ein ernstzunehmendes Problem dar.

Die Basilika wurde aus dem örtlichen Lateritstein erbaut und war ursprünglich weiß verputzt. Dieser weiße Putz wurde von den Erbauern nicht nur als Dekoration aufgetragen, sondern auch zum Schutz des Lateritsteins vor Verwitterung durch Regen und salzige Meeresluft.

Durch falsche Restaurierungsmaßnahmen des berühmten Restaurators Baltazar da Silva Castro, der in den 1950er Jahren durch Entfernen des weißen Putzes das Erscheinungsbild der Basilika massiv veränderte, legte er dadurch den Lateritstein frei.

Dessen Oberfläche wird seit dieser fatalen Maßnahme erheblich angegriffen und er zeigt an einigen Stellen starke Anzeichen von Verwitterung.

Oberfläche etwa 1 bis 2 cm tief verwittert

Oberfläche etwa 1 bis 2 cm tief verwittert

Der Restaurator folgte damals offenbar der nationalistischen Ideologie des ehemaligen portugiesischen Premierministers António de Oliviera da Salazar, der Monument “restaurieren” ließ, um sie antik und mittelalterlich aussehen zu lassen.

Eine weitere Problematik das durch das Entfernen des Putzes auftritt ist, dass das Lateritgestein bei Regen das Wasser durch die Kapillarwirkung aufnimmt und die gesamte Wand durchnässt wird.

Wand- und Dekorationsmalereien, die an der Innenseite aufgetragen sind, können durch die Feuchtigkeit und auftretendem Schimmel erheblich geschädigt werden und an Brillanz verlieren.

Abgesehen davon müsste das Dach komplett saniert werden, soweit mir bekannt erfolgte dies Seitens des ASI nur in Teilen.

Ein weiterer Punkt, dessen Teil ich selbst bin, ist die Vielzahl an Besuchern. Im Gespräch erfuhr ich, dass täglich etwa 5.000 Besucher durch die Basilika gehen, am Wochenende sind es sogar um die 20.000.

Diese Basilika, dies sollte nicht vergessen werden, ist seit 400 Jahren ein Teil des lebendigen Erbes der Goaner.

Es macht also einen Unterschied aus, ob es sich um Ruinen einer Festung handelt, die erhalten werden sollen, oder um die Bedürfnisse eines lebendigen religiösen Erbes wie eine Basilika, zu der eine große lokale Gemeinschaft noch immer gehört.

Das Archaeological Survey of India (ASI) als verantwortliche Autorität für den Denkmalschutz, kommt die Verantwortung zu, die Feinheiten einer Restaurierung, insbesondere mit dem Einbeziehen der örtlichen Kirchengemeinschaft, zu bewältigen.

Für das ASI ist die Basilika ein historisches Denkmal, für die Menschen vor Ort jedoch ein Gebäude spiritueller Anbetung.

Trotz der Verantwortung, die dem ASI zukommt, sind bei genauerem Betrachten der Basilika erhebliche Schäden feststellbar.

Die Tatsache, dass das ASI als Verwalter des Grundstücks die Basilika als “Denkmal” betrachtet, was sie zweifellos ist, während der Eigentümer des Grundstücks, die kirchlichen Behörden, sie unbestritten als “Kirche” ansehen, sollten jedoch nicht das Bemühen scheitern lassen, dieses Bauwerk in Zusammenarbeit mit staatlichen und kirchlichen Institutionen sowie der lokalen Gemeinschaft und Handwerkern, die sowohl finanzielle Mittel als auch technisches Know-how einbringen, diese Basilika dauerhaft für Generationen zu schützen und zu erhalten.

Meiner Meinung nach ist das ASI zweifellos eine der wichtigsten Autoritäten Indiens und die unglaubliche Anzahl der zu schützenden sowie zu erhaltenden Monumente stellt diese Behörde vor unglaublichen Herausforderungen.

Das ASI sollte Flexibilität gerade bei der Herangehensweise zum Erhalt von Monumenten, die in das tägliche Leben und in rituelle Praktiken eingebunden sind, nicht als Hemmnis sondern als Chance verstehen.

Nach dem überaus interessanten Gespräch, machte ich Frühstück und ging zurück ins Hotel, um mein Teleobjektiv zu holen.

Da ich den Schlüssel in der Rezeption zwecks Reinigen des Zimmers abgab, erfuhr ich, dass ich das Zimmer wechseln müsse, da man am Bungalow Reparatur- und Farbarbeiten durchführen will und es damit zu laut werden und unangenehm riechen könne.

Also wechselte ich von B-10 zu C-7, das gleiche Zimmer nur spiegelverkehrt.

Mit dem Teleobjektiv ausgestattet, machte ich mich daran so viele von außen erkennbare Schäden mittels Fotos zu dokumentieren. Höher gelegene Stellen zu erfassen war somit kein Problem.

Ich begann an der Westseite und setzte dies an der Nord- und Ostseite fort. Die Südseite besteht lediglich aus der Fläche des Glockenturms.

Um Euch zu zeigen, wie gravierend und fortgeschritten der Prozess des Verwitterns des Lateritgesteins ist, habe ich dieses Foto von der Nordseite gemacht.

Oberfläche etwa 1 bis 7 cm tief verwittert

Oberfläche etwa 1 bis 7 cm tief verwittert

Die Oberfläche zahlreicher Steine ist schätzungsweise zwischen ein bis sieben Zentimeter verwittert.

Um es klarzustellen, ich bin weder Konservator noch Restaurator, ich bin nur ein Tourist. Trotzdem habe ich einen besonderen Blick für die Bausubstanz und bei genauerem Betrachten sind die Schäden für jedermann erkennbar.

Anschließend trank ich einen Kaffee im Café Roots.

Die letzten beiden Tage habe ich übrigens wieder ein Paar Socken verschlissen. Von den fünf Paar, die ich mir in Jhansi kaufte, existieren nur noch zwei Paar. Ich laufe einfach zu viel.

Nach dem Abendessen ging ich zurück zum Hotel und mir lief noch ein winzig kleines Motiv vor die Linse.

Ameisen auf dem Zaun

Ameisen auf dem Zaun

Morgen werde ich gegen acht Uhr dem ehrwürdigen Vater nochmal einen Besuch abstatten und ihn fragen, ob er Interesse an den Fotos hat, die diese Schäden dokumentieren.