Nach dem Frühstück ging ich zum Department of Architecture, um die besagte Dame zu treffen, doch die war nicht da.
Stattdessen sprach ich mit einer anderen Dame am Telefon, die meinte, ich solle die Architekturbibliothek nach geeigneter Literatur durchsuchen.
Ich fand in der Bibliothek ein Buch zur Architektur der Chalukyas, dessen Literaturverzeichnis auf die von mir bereits in Deutschland recherchierten Bücher verwies. Eines davon habe ich bereits in meiner eigenen Bibliothek.
Der beste Weg jedoch weiterführende Literaturquellen zur Dravidischen Architektur zu erhalten, wird auf jeden Fall die Bibliothek der Madras University in Chennai sein. Dem stimmte auch die Mitarbeiterin im Office zu.
Danach besuchte ich das Badora Museum & Picture Gallery, welches sich mitten im Sayaji Park befindet.
Dieses Museum wurde wie viele andere Bildungseinrichtungen auch, während der über sechzigjährigen Regentschaft von Maharaja Sayajirao Gaekwad III. 1887 gegründet und 1894 eröffnet.
Die Picture Gallery entstand etwas später und wurde im Jahre 1921 eröffnet.
Das Museum zeigt in mehreren Abteilungen einen Querschnitt unterschiedlichster Zivilisationen. So wird neben der alten Indus-Zivilisation auch das Römische-, das Griechische- sowie das Ägyptische Reich näher beleuchtet.
Auch Länder aus der Nachbarregion Indiens stehen im Fokus, so bspw. China, Nepal, Tibet sowie Länder Südost- und Zentralasiens.
Porzellan, Holzschnitzereien, alte Teppiche und Fliesenmalereien sowie Skulpturen von Funden aus der Region vervollständigen den Bestand des Museums.
Zahlreiche kleine Bronzefiguren aus Nepal und Tibet sind hier ausgestellt.
In der Picture Gallery sind Ölgemälde aus verschiedenen europäischen Ländern zu sehen, ebenso Nachbildungen von lebensgroßen Marmorfiguren.
Das Fotografieren ist nicht erlaubt.
Eine Bronzefigur jedoch erweckte mein Interesse. Es handelte sich um eine sogenannte Chola Bronze aus dem 11. bis 12. Jahrhundert, die aus einer Zeit stammt, als in Südindien die Chola die vorherrschende Dynastie war.
Von dieser Figur gibt es hier im Museum nur eine einzige. Ich fragte einen Mitarbeiter, ob ich einen Verantwortlichen sprechen könnte, um über eine Fotogenehmigung zu verhandeln.
Er brachte mich zur leitenden Kuratorin Frau Dr. Indubala und ich erklärte Ihr mein Interesse an dieser Figur. Wir unterhielten uns kurz über die Chola Dynastie.
Sie und Ihre Mitarbeiter erkannten meine Begeisterung und erteilten mir eine Fotogenehmigung zum Fotografieren dieser Bronzefigur. Ich erhielt die Genehmigung, bezahlte diese am Ticketcounter, holte meine Kamera aus dem Rucksack und fing an Fotos von der Figur zu machen.
Ehe ich mich versah, standen plötzlich mehrere Mitarbeiter des Museums sowie des Wachpersonals und einige Besucher um mich herum.
Diese völlig surreale Situation, war für sie unbegreiflich, denn sie konnten nicht verstehen, wie jemand für so eine alte Bronzefigur eine derartige Leidenschaft entwickeln kann.
Für sie gehören diese Figuren zum Alltag, für mich sind sie Meisterstücke des metallverarbeitenden Handwerks. Der Assistent der Kuratorin konnte meine Faszination nachvollziehen.
Zwischen den einzelnen Fotos erklärte ich den Leuten etwas zur Chola Dynasty und wie sie diese Bronzefiguren auf eine man möchte sagen, industrielle Weise als Massenprodukt herstellten. Dies erklärt auch die hohe Anzahl an existierenden Figuren.
Auf jeden Fall war ich heute im Museum das Gesprächsthema Nummer 1.
Dieses Museum steht auf meiner Liste, denn eine Steinskulptur aus der Chola Periode weckte ebenfalls mein Interesse und die Mitarbeiter freuen sich schon, mich, den verrückten Deutschen, bald wiederzusehen.
Frau Dr. Indubala gab mir ihre Telefonnummer, so dass ich sie bei meiner Rückkehr nach Vadodara anrufen und einen Termin mit ihr vereinbaren kann.
An dieser Stelle möchte ich mich bei Ihr und Ihren Mitarbeitern für die freundliche und unkonventionelle Hilfe recht herzlich bedanken!
Mit der kleinen Parkeisenbahn dreht ich im Anschluss eine Runde und konnte auf eine bequeme Weise den Park entdecken.
Spielplätze bieten auch Familien mit Kindern eine wunderbare Gelegenheit, hier das Wochenende zu verbringen. Ein Zoo befindet sich auch im Park, ebenso ein gastronomisches Angebot.
Dieses hat allerdings qualitativ Luft nach oben.
Ein kleiner Garten zeigt vier bis neun Jahre alte Bonsaibäume.
Während ich die Bonsai betrachtete, kam ein Wachmann trillerpfeifend auf mich zu und ranzte mich an, was ich denn hier machen würde.
Ich grinste ihn an, denn ich stellte mir bildlich vor, wie er vor lauter Aufregung seine Trillerpfeife verschluckt und mit jedem Wort nur noch Pfeifgeräusche aus ihm herauskämen.
Mein Grinsen brachten ihn nur noch mehr in rage und er warf mich schroff aus dem Garten hinaus.
Den Besuch des Planetariums musste ich begraben, denn dies ist wegen technischer Probleme bis auf weiteres geschlossen.
Also genoss ich die Zeit im Time Cafe bei Sandwich und Schokofrappé.
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